Der Fachkräftemangel wird neben dem demografischen Wandel u.a. auch mit Digitalisierung, Robotik und E-Mobilität begründet. Das ist mit Sicherheit ein wesentlicher Bestandteil, weshalb auch die Blue Card für Akademiker und Mangelberufe eingeführt wurden. Aber der Mangel an passenden Bewerbern hat viele Gründe. Mit dem demografischen Wandel, der neuen Arbeitswelt und der stabilen Weltwirtschaft, hat sich der Arbeitsmarkt, von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Es ist nicht mehr so, dass ausgebildete Arbeitnehmer zig Bewerbungen schreiben müssen, um überhaupt einen Arbeitsplatz zu finden. Vielmehr müssen sich mittlerweile Unternehmen arbeitnehmernah präsentieren, um die Vakanzen überhaupt besetzen zu können.
Genau diese Umsetzung des Besetzungsproblem ist eine weitere Ursache des Fachkräftemangels. Das fängt beim rechtzeitigen einleiten der Nachbesetzung an, geht über fehlende Recruitingkanäle oder zu alten standardisierte Auswahlverfahren von Kandidaten, bis hin zu Besetzungsverfahren durch zu Ferne Personaler was letztlich zum Mismatching führen kann. Hinzu kommt vielleicht noch geringe Bekanntheit oder Attraktivität, ein negatives Image des Arbeitgebers, oder sogar des gesamten Berufsfeldes an sich. Auch die unzureichenden Kooperationen zwischen Wirtschaft und Schulen und somit das fehlende heranführen von Talenten an Mangelberufe, ist jahrelang in Deutschland missachtet worden. Dabei ist doch fast nichts einfacher, als sein Unternehmen oder Beruf, jungen perspektivsuchenden Menschen nahe zu bringen. Was hindert z.B. das Handwerk daran, sich Abschlussjahrgängen rechtzeitig in Haupt oder Realschulen zu präsentieren oder Ferienjobs anzubieten, um so jungen Menschen Perspektiven zu geben.
Leider zeigt die Realität zumeist ein anderes Bild. Das geht vereinzelt so weit, dass z.B. ein Malerbetrieb in NRW für die Besetzung von Ausbildungsstellen ein Abitur fordert, oder auf Jobmessen wie in Iserlohn, von 60 eingeladenen Handwerksbetrieben gerade einmal 5 erscheinen. All das führt ebenso zu fehlendem Interesse von Arbeitnehmern an ganzen Berufsfeldern. Und da haben wir noch nicht einmal unattraktive Arbeitsbedingungen wie Befristungen, schlechte Bezahlung, fixe Arbeitszeiten, Schichtarbeit, fehlende Benefits, Work-Life-Balance, Vereinbarkeit Familie und Beruf aufgeführt. Ergo, Besetzungsprobleme durch fehlende planbare und berufliche Perspektive, hat auch zur Folge, dass junge Menschen eben nicht mehr in dem Umfang für Nachwuchs sorgen, wie wir es in Deutschland bräuchten.
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Zu den vorher genannten Gründen, stellt man einen weiteren nicht zu unterschätzender Trend fest. Da wäre die Landflucht – also das Abwandern in Großstädte. So entstehen Mangelsituationen auf den umliegenden und ländlichen Regionen was die Unattraktivität des dortigen Lebens fördert. Eines der bekanntesten Beispiele dafür sind Ärzte. Diese stehen zwar in Großstädten ausreichend zur Verfügung, aber die ärztliche Versorgung auf dem umliegenden Regionen ist teilweise nicht mehr gesichert. Niedergelassene Landärzte finden trotz attraktiver Angebote keine Nachfolger, sodass Patienten teilweise 60 km Anfahrt zum nächstgelegenen Arzt in kauf nehmen müssen. Nur sind es nicht nur Ärzte, sondern auch Dachdecker, Industriemechaniker, Fahrer, Pfleger usw. die in der ländlichen Region fehlen. Auch ausländische Fachkräfte bevorzugen das gezielte bewerben in Großstädte, was zumeist mit vorhanden Infrastruktur und besserer Bezahlung erklärt wird.
Viele kleine Bausteine führen zum Fachkräftemangel und da zu gehört eben auch, ehrlich und transparent zur gesamten Gesellschaft zu sein. Man muss klar sagen, dass ein Großteil altbewährter Jobs, die Zukunft so nicht mehr erleben werden. Anstatt nun Horrorszenarien aufzumalen, sollte man Perspektiven aufzeigen. Wir alle müssen in Zukunft länger arbeiten und mit dem Wandel der Arbeit und somit auch dem Arbeitsmarktes, muss jedem klar sein, dass er sich selbst mit 45 oder 50 beruflich weiterbilden oder sogar umschulen muss, um in Zukunft einer passenden Arbeit nachzugehen.
Allerdings ist dies nicht nur eine politische oder wirtschaftliche Aufgabe, sondern Fachkräftemangel ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Nicht jeder muss studieren, um seine Berufung zu finden, und man muss auch nicht jedem seine Zukunft absprechen, nur weil man eine Haupt oder Realschule besucht. Und dazu gehört nun einmal auch, jeden Beruf in seiner Form grundsätzlich wertzuschätzen, um so mögliche Perspektiven zu sehen und seine Zukunft zu gestalten. Denn jeder Mensch hat ein Talent, das gesellschaftlich nützlich und anerkennenswert ist.
Derzeit stehen dem deutschen Arbeitsmarkt knapp 47 Millionen Personen zur Verfügung. Dieser würde ohne weitere Zuwanderung und bei unveränderter Erwerbsbeteiligung bis zum Jahr 2060 auf unter 29 Millionen sinken. Kurzum: Allein schon aus rein demografischen Gründen wird es bald einen erheblichen Ersatzbedarf geben. Lassen Sie uns alle gemeinsam die Zukunft gestalten, denn falls Deutschland diese Lücke nicht schließen kann, dürften Betriebe zu entsprechenden Anpassungsmaßnahmen greifen. Wie etwa zu einer verstärkten Automatisierung, Verkauf des Unternehmens oder sogar zu Standortverlagerungen übergehen. (Quelle: 2018 IAB) In der Folge dieser Entwicklung wird der Wettbewerb um gut qualifizierte Facharbeiter und qualifizierte Fachkräfte europaweit deutlich zunehmen.
Die Informationen auf Mangelberufe.de wurden auf Grundlagen des Informationsaustausch in Zusammenarbeit mit dem BMAS, der Bundesagentur für Arbeit und Jobs-in-Germany.net erstellt.
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