Mangelberufe und wie hilft die Engpassanalyse?
Der Fachkräftemangel ist eines der drängendsten Probleme auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Unternehmen finden oft nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter, um ihre offenen Stellen zu besetzen, während Arbeitssuchende gleichzeitig Schwierigkeiten haben, passende Stellen zu finden. Dieses Ungleichgewicht hat weitreichende Folgen für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Doch was genau sind Mangelberufe, und wie hilft die Engpassanalyse, dieses Problem anzugehen?
Was sind Mangelberufe?
Mangelberufe sind Berufe, in denen es einen deutlichen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften gibt. Dieser Mangel entsteht, wenn die Nachfrage nach Fachkräften größer ist als das verfügbare Angebot, also wenn Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihre Stellen zeitnah und mit ausreichend qualifiziertem Personal zu besetzen.
Um diesem Problem gezielt entgegenzuwirken, erstellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit jährlich die Engpassanalyse und somit die sogenannte Positivliste. Diese Liste basiert auf einer detaillierten Analyse des Arbeitsmarkts, bei der Berufe identifiziert werden, in denen besonders viele Fachkräfte fehlen. Sie gibt Unternehmen eine klare Orientierung, in welchen Bereichen die Anwerbung von Personal besonders herausfordernd ist, und zeigt Arbeitssuchenden auf, in welchen Berufen ihre Chancen auf eine Beschäftigung besonders gut stehen.
Warum gibt es die Engpassanalyse?
Die Positivliste der Engpassanalyse hat zwei Hauptziele:
- Förderung der inländischen Arbeitskräfte: Die Liste soll dazu beitragen, die inländischen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gezielt zu fördern. Berufe, die auf der Liste der Mangelberufe für Facharbeiter stehen, werden häufig stärker gefördert, um die Zahl der qualifizierten Arbeitskräfte in diesen Bereichen zu erhöhen. Dies betrifft sowohl berufliche Qualifikationen als auch Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für bereits bestehende Arbeitskräfte.
- Anwerbung internationaler Fachkräfte: Die Positivliste dient auch als Orientierung für die gezielte Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Qualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern können auf Basis der Mangelberufe für Fachkräfte / Akademike leichter in Deutschland arbeiten. Besonders im Bereich der MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) kommen viele internationale Fachkräfte nach Deutschland, da hier der Fachkräftemangel besonders stark ist.
Anwerbung internationaler Fachkräfte?
Seit 2012 gibt es Regelungen, die es qualifizierten Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern ermöglichen über die Blue Card EU in Deutschland eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Diese Regelung ermöglicht hochqualifizierten Arbeitskräften aus Nicht-EU-Ländern, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Die Blue Card richtet sich insbesondere an Akademiker und Fachkräfte in gefragten Bereichen wie IT, Ingenieurwesen und anderen technischen Disziplinen.
Mittlerweile gibt es ein umfassendes Einwanderungsgesetz für Fachkräfte aus dem Ausland. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde dieser Prozess im Jahr 2024 noch weiter vereinfacht und wurde für Facharbeiter erweitert. Unternehmen, die internationale Talente gefunden haben, können sogar ein beschleunigtes Verfahren bei den Ausländerbehörden beantragen.
Wann spricht man von einer Mangelsituation?
Nicht jede unbesetzte Stelle bedeutet automatisch, dass es einen Fachkräftemangel gibt. Es gibt jedoch klare Anzeichen, die auf eine Mangelsituation hinweisen. Ein wesentliches Merkmal ist die sogenannte Vakanzzeit. Dies ist die Zeitspanne, die zwischen dem gewünschten Zeitpunkt der Stellenbesetzung und der tatsächlichen Besetzung vergeht.
Beispiel: Im Bereich der Altenpflege betrug die durchschnittliche Vakanzzeit zwischen Oktober 2023 und September 2024 286 Tage. Das bedeutet, dass Pflegeeinrichtungen im Durchschnitt fast zehn Monate warten mussten, bis sie eine offene Stelle besetzen konnten. Diese lange Vakanzzeiten zeigen deutlich, dass es in diesem Bereich einen erheblichen Mangel an qualifiziertem Personal gibt.
Ein weiteres Anzeichen für einen Arbeitskräftemangel ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen, die nicht oder nur sehr langsam besetzt werden können. In der sogenannten Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit werden genau diese Berufe identifiziert, in denen es besonders schwer ist, je nach Anforderungsniveau neue Mitarbeiter zu finden.
Das Anforderungsniveau wird in Deutschland in vier Stufen unterteilt:
- Helfer: Tätigkeiten, die keine spezielle Ausbildung erfordern, oft einfache Anlerntätigkeiten.
- Fachkraft: Tätigkeiten, die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen.
- Spezialist: Tätigkeiten, die eine vertiefte Ausbildung oder spezielle Kenntnisse erfordern.
- Experte: Hochkomplexe Tätigkeiten, oft mit akademischer Ausbildung oder umfangreicher Berufserfahrung.
Diese Einteilung hilft sowohl Arbeitssuchenden als auch Arbeitgebern, die Anforderungen für bestimmte Positionen besser einzuschätzen.
Ursachen des Fachkräftemangels
Die Ursachen für den Fachkräftemangel sind vielfältig und reichen weit über den demografischen Wandel hinaus. Natürlich spielt die alternde Bevölkerung eine Rolle, da immer mehr Menschen in den Ruhestand gehen, ohne dass ausreichend Nachwuchs zur Verfügung steht. Doch es gibt weitere Faktoren:
- Landflucht: Viele junge Menschen ziehen aus ländlichen Gebieten in die Städte, wodurch besonders in ländlichen Regionen ein erheblicher Mangel an Arbeitskräften entsteht.
- Digitalisierung: Durch den technologischen Fortschritt entstehen neue Berufe und Anforderungen, für die es noch nicht genügend ausgebildete Fachkräfte gibt. Besonders Berufe in den Bereichen IT, Datenanalyse und künstliche Intelligenz sind stark betroffen.
- Anspruch und Realität: Viele Berufe haben sich durch neue Anforderungen verändert, was oft nicht mit den Erwartungen der Bewerber übereinstimmt. Dies führt dazu, dass bestimmte Positionen schwerer zu besetzen sind.
Möchten Sie mehr über die komplexen Ursachen des Personal- und Fachkräftemangels erfahren? Lesen Sie hier mehr über die Erfahrungen und Meinungen zu den Ursachen.
Zukunftsaussichten: Welche Berufe werden gefragt sein?
Der Arbeitsmarkt wird sich in den nächsten Jahren weiter verändern. Der demografische Wandel, die Globalisierung und die Digitalisierung werden dazu führen, dass viele traditionelle Berufe verschwinden, während neue Zukunftsberufe entstehen. In den letzten Jahren haben sich bereits einige neue Berufsbilder entwickelt, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden.
Es lässt sich nicht immer genau vorhersagen, welche Berufe in Zukunft besonders gefragt sein werden. Aber es gibt erste Tendenzen: Berufe, die sich mit persönlicher Betreuung, Umwelt & Technik oder Daten befassen, gewinnen zunehmend an Bedeutung. In diesen TopTen Branchen wird in Deutschland derzeit am dringendsten Personal gesucht. Auch Berufe im Bereich der Digitalisierung und Online-Marketing werden weiter an Wichtigkeit zunehmen.
Beispiele für Zukunftsberufe:
- Experten für erneuerbare Energien: Mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz wird die Nachfrage nach Fachkräften im Bereich der erneuerbaren Energien stark zunehmen.
- KI-Marketing-Manager: In der zunehmend digitalisierten Welt gewinnen Berufe, die sich mit der Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Marketing beschäftigen, an Bedeutung.
- E-Mobilitätstechniker: Mit dem Aufschwung der Elektromobilität werden neue Berufe im Bereich der Fahrzeugtechnik und -Wartung entstehen.
Wer sich flexibel zeigt und bereit ist, sich auch mit über 40 weiterzubilden, wird auch in einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt weiterhin gute Chancen haben, einen zukunftsorientierten Arbeitsplatz zu finden. Erfahren Sie hier mehr über Zukunftsberufe.
Fachkräftemangel in Österreich und der Schweiz?
Nicht nur Deutschland ist vom Fachkräftemangel betroffen. Auch in Österreich und der Schweiz gibt es Berufe, die als Mangelberufe gelten. Ähnlich wie in Deutschland führen diese Länder jährliche Analysen durch, um festzustellen, in welchen Berufen Fachkräfte fehlen. Diese Berufe werden durch spezielle Verordnungen geregelt, um die Anwerbung internationaler Arbeitskräfte zu erleichtern. Sie können hier die aktuelle Liste der Mangelberufe in Österreich und der Schweiz einsehen.
Die Informationen auf Mangelberufe.de wurden auf Grundlagen des Informationsaustausch in Zusammenarbeit mit dem BMAS, der Bundesagentur für Arbeit und Jobs-in-Germany.net erstellt.
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